Evaluation des Personalmarketings in der Sozialwirtschaft

Titelbild zum Thema Personalmarketing

Der akute Personal- und Fachkräftemangel in zahlreichen deutschen Branchen hat einen neuen Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt eingeläutet. Der Mensch selbst ist zur knappsten Ressource geworden, und die Fähigkeit, neue Talente anzusprechen und für das eigene Unternehmen zu gewinnen, ist zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor geworden. In einer Zeit, in der digitale Kommunikation einen immer größeren Stellenwert einnimmt, ist die richtige digitale Präsenz für Unternehmen von entscheidender Bedeutung.

 

Für Recruiting und Personalmarketing bedeutet dies, dass Unternehmen ihre Arbeitgebermarke und ihre Alleinstellungsmerkmale digital präsentieren müssen, um potenzielle Bewerber anzusprechen und zu motivieren. Oft fehlt es jedoch auf Führungsebene an der Erkenntnis, dass digitale Kanäle wie Karriereseiten, soziale Medien und Online-Stellenbörsen unverzichtbar sind. Zudem lassen sich in der Forschung bisher keine zuverlässigen Messinstrumente zur Bewertung der digitalen Arbeitgeberidentität finden.

 

In diesem Blogbeitrag wird die Studie "Digitale Identität ausgewählter Organisationen der Sozialwirtschaft: Eine quantitative Analyse des digitalen Personalmarketings" behandelt. Diese Studie, verfasst von Prof. Dr. Lothar Winnen, Gründer und Gesellschafter der Online Experience GmbH, sowie Dr. Henning Tirrel und Anna Mertens, bildet die Grundlage für die Erstellung eines Leitfadens zur Beurteilung der digitalen Identität von Arbeitgebern. Dieser Leitfaden soll in einer Studie im Bereich Sozialwirtschaft auf seine Eignung zur Identifikation von Stärken und Schwächen angewendet werden. Dafür wurden Daten von 38 ausgewählten Organisationen der Sozialwirtschaft analysiert. Die Autoren haben mit dem Verband diakonischer Dienstgeber (VdDD) kooperiert.


Was macht Recruiting erfolgreich?

Für das Personalmanagement ist es essenziell, die Erfolgsfaktoren der Mitarbeitergewinnung zu verstehen und gezielt einzusetzen, um begrenzte Ressourcen effizient im Recruiting und Personalmarketing zu nutzen. Lesen Sie dazu auch unseren Blogbeitrag: Erfolgsfaktoren für die Mitarbeitergewinnung.

Schlüsselfaktoren für erfolgreiches Recruiting sind z.B.

Schlüsselfaktor Eigenschaften des Jobs

Eigenschaften des Jobs

Schlüsselfaktor Recruiting Prozess

Recruiting Prozess

Schlüsselfaktor Verhaltensweise des Recruiters

Verhaltensweisen des Recruiters


Tabelle Erfolgsfaktoren des Recruitings

Aktuelle Studien betonen zusätzlich die Relevanz von Social Media Marketing für den Stellenbesetzungserfolg.

 

Unternehmen haben erkannt, dass soziale Medien im Recruiting-Prozess entscheidend sind. Oft herrschen Informationslücken zwischen Arbeitgebern und Bewerbern bezüglich der wahren Charakteristika von Positionen und Unternehmen.

 

Arbeitgeber setzen daher verstärkt auf digitale Präsenz, um ihre Stärken zu kommunizieren, wobei die Glaubwürdigkeit der Botschaften entscheidend ist. Mitarbeitende spielen dabei eine zentrale Rolle als vertrauenswürdige Referenzen, die positive Einblicke in das Unternehmen gewähren. Auch Bewertungsplattformen wie kununu oder das Google Unternehmensprofil beeinflussen die Meinung der Bewerber maßgeblich (Bitkom, 2021).


Messung der digitalen Arbeitgeberidentität: Aktualisierung und Methodik

Tabelle Instrumente des Kodierleitfadens

In der genannten Studie wurde die digitale Identität eines Arbeitgebers anhand eines Kodierleitfadens bewertet, der bereits 2021 entwickelt wurde. Dieser Leitfaden wurde an die neuesten technologischen Entwicklungen von Onlineplattformen angepasst und erweitert. Ziel war es, Daten objektiv zu erfassen, ohne aktive Beteiligung von Personen oder Unternehmen („unauffällige Messungen“, Webb et. Al 1966 und Lee 2019). Dies erfolgte durch die Analyse von Texten, Bildern und online verfügbaren Informationen. Der überarbeitete Kodierleitfaden umfasst zwölf Recruiting-Instrumente mit insgesamt 182 Variablen, Erklärungen und Beispielen.

Um die Datenerfassung objektiv zu gestalten, wurden die meisten Bewertungskriterien auf dichotome Merkmale reduziert (1 für erfüllt, 0 für nicht erfüllt). Die Auswahl der Kriterien basiert auf wissenschaftlichen Studien und theoretischer Validierung. Zusätzlich wurden die Erfahrungen der Autoren und von zwei Online Marketing Managern berücksichtigt, um ein praxisorientiertes Erhebungsinstrument zu entwickeln.

 

Für weitere Erkenntnisse wurde zudem noch eine Online-Umfrage für die Unternehmen erstellt, in der sie eine Selbsteinschätzung abgeben sollten.


Ergebnisse und Zusammenhänge in der Digitalen Identität als Arbeitgeber

Die 38 teilnehmenden Organisationen sind mit durchschnittlich 1.700 Mitarbeitenden als mittelgroße Organisationen der Sozialwirtschaft einzustufen. 
Sie erzielten im Schnitt lediglich 38% der festgelegten Kriterien. Die Bandbreite reicht von 10,8% bis 63,2%. Entscheidende Kanäle wie Online-Stellenbörsen (mit einer Erfüllung von 67% der Kriterien), die Videoplattform YouTube (56%) und die eigene Karriereseite (53%) werden bereits intensiv genutzt. 

Hingegen werden neuere und vielversprechende Kanäle, die besonders effektiv bei Zielgruppen im Alter von 16 bis 40 Jahren sein können, bisher vernachlässigt: TikTok (5%) und YouTube Shorts (5%) scheinen entweder noch nicht allgemein bekannt zu sein oder von geringer Relevanz eingeschätzt zu werden.

 

Die Ergebnisse der Online-Umfrage wurden mit der durch den Kodierleitfaden bewerteten digitalen Identität als Arbeitgeber verknüpft, wodurch sich signifikante Zusammenhänge zwischen der digitalen Identität und dem Vorhandensein einer HR-Marketingstrategie, der Recruitingqualität, der Recruiting-Arbeitsweise und Ressourcenverfügbarkeit zeigten. Ebenso besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Arbeitgeberimage und dem Stellenbesetzungserfolg.

 

(Die Übersichtstabelle über die Detailergebnisse der Studie finden Sie im Studienbericht, den wir Ihnen unten als pdf zum Download bereit gestellt haben.) 

 


Interpretation der Ergebnisse

Die untersuchten Organisationen haben, trotz großer Bemühungen digital präsent zu sein, erhebliches Potenzial zur Verbesserung ihrer digitalen Identität als Arbeitgeber. Viele Unternehmen können nicht so schnell Ressourcen und Kompetenzen aufbauen, wie es notwendig wäre, um die schnelle Entwicklung sozialer Medien zeitnah mit zu vollziehen.

 

Tabelle Mögliche Gründe für ungenutzte Potentiale

Weitere Gründe wurden während einer nachfolgenden Präsentation und Diskussion der Studienergebnisse mit den teilnehmenden Organisationen identifiziert.

 

Ein wichtiger Faktor ist das Vorhandensein einer Strategie für Personal- und Social Media-Marketing. Bevor Arbeitgeber Social-Media-Kanäle nutzen, sollten sie strategische Fragen zur Auswahl der richtigen Instrumente, Zielgruppenausrichtung, Inhaltsgestaltung, Ressourcenallokation und Organisationsstrukturen klären.

 

HR-Marketing auf Social Media sollte nicht als Selbstzweck betrachtet werden, sondern als strategisches Instrument des Human Resource Managements. Der Erfolg bei der Stellenbesetzung korreliert hauptsächlich mit dem Arbeitgeberimage, nicht jedoch mit der digitalen Identität als Arbeitgeber. Unternehmen neigen dazu, sich erst dann intensiver mit der Arbeitgeberkommunikation zu beschäftigen, wenn der Fachkräftemangel dringend wird.

Interessanterweise kann eine positive digitale Identität eines Arbeitgebers darauf hinweisen, dass das Unternehmen besonders unter dem Fachkräftemangel leidet und Maßnahmen zur Kommunikationsverbesserung ergreift. Langzeitstudien über mehrere Jahre sind jedoch notwendig, um festzustellen, ob eine bessere digitale Identität tatsächlich den Erfolg bei der Stellenbesetzung beeinflusst.


Wissenstransfer in die Praxis: Durchführung von Workshops durch die Autorinnen und Autoren

Nach Abschluss der Studie des VdDD buchten rund 25 der 38 teilnehmenden Organisationen Workshops für ihre Mitarbeiter im Bereich der Kommunikationsverantwortung. Diese digitalen Workshops, die halb- bis ganztägig dauerten, wurden in enger Zusammenarbeit zwischen dem VdDD und den Autorinnen und Autoren konzipiert und von Lena Stein durchgeführt. Die Auswahl der Workshops und deren inhaltliche Gestaltung richteten sich insbesondere nach den Ergebnissen der Studie und den spezifischen Anforderungen der beteiligten Organisationen.

Download
Studie Digitales Personalmarketing 2023
Digitale Identität ausgewählter Organisationen der Sozialwirtschaft.
Digitale Identität ausgewählter Organi
Adobe Acrobat Dokument 1.8 MB

Fazit

Der in der Studie entwickelte Leitfaden kann als Arbeitgeber für die eigene Identitäts- und Kanalanalyse nützlich sein. Die Ergebnisse betonen die Wichtigkeit einer professionellen Arbeitgeberkommunikation auf allen Ebenen und bieten Potenzial, abgeleitete Schwächen durch Verantwortliche des Personalmarketings zu verbessern.

 

Eine Strategie für Recruiting, Personalmarketing und Employer Branding ist entscheidend, um die langfristige Pflege der analysierten Kanäle unter begrenzten Ressourcen sicherzustellen.

 

Benötigen Sie Unterstützung dabei? Gerne helfen wir Ihnen, individuelle Lösungen für Ihr Unternehmen zu entwickeln.

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